Foto: Ernst Probst, Mainz-Kostheim
Mainz-Kastel – Die Geschichte des jungen Mannes, der mit 18 Jahren von Kastel am Rhein nach St. Louis am Mississippi auswanderte, klingt wie ein modernes Märchen. Von den 22 Kindern seines Vaters war er das Vorletzte. Bereits mit vier verlor er seine Mutter, mit zwölf seinen Vater. 1857 putzte der im Flusshandel tätige elternlose Deutsche in Amerika zeitweise noch Fenster und Fußböden. 1859 wurde er Teilhaber und 1865 Besitzer einer Großhandelsfirma. Seinen größten Erfolg feierte er als Lenker und Miteigentümer der Brauerei seines Schwiegervaters Eberhard Anheuser, die er ab 1864 zur größten in St. Louis, in den USA und vielleicht sogar der ganzen Welt entwickelte. Der Name dieses genialen und experimentierfreudigen „Bier-Königs“ ist Adolphus Busch (1839–1913). Außer Brauereien besaß er auch eine Eisfabrik, Glasfabriken, eine Wagonfabrik, Eisenbahngesellschaft, Kohlebergwerke, eine Dieselmotorenfabrik, Banken und Hotels.
Busch führte
ein Leben in unvorstellbarem Luxus und machte sich als großzügiger Wohltäter in
den USA und in seiner Heimat verdient. Bei seiner „Goldenen Hochzeit“ schenkte
er 1911 seiner Gattin „Lilly“, die ihn verwöhnte und 14 Kinder gebar, eine mit
Diamanten und Perlen verzierte goldene Krone sowie jedem seiner Kinder eine
Villa. Zu seinen Freunden gehörten der amerikanische Präsident, der deutsche
Kaiser und der britische König, die ihn respektvoll „Prince“ nannten. Bei
seinen Arbeitern in der Brauerei war er der „King“. Sein Begräbnis von 1913 in St.
Louis gilt als eines der berühmtesten des 20. Jahrhunderts. Seinen Erben
hinterließ er ein Vermögen, das heute etwa 1,45 Milliarden US-Dollar
entspricht.
Ernst Probst und Doris Probst aus Mainz-Kostheim haben über den am 10. Juli 1839 in Kastel geborenen Bier-König das 324 Seiten umfassende und reich bebilderte Taschenbuch „Adolphus Busch“ veröffentlicht. Bei ihren Nachforschungen in Deutschland und in den USA stießen sie auf eine erstaunlich hohe Zahl sich einander widersprechender Angaben über Adolphus Busch, seine Ehefrau „Lilly“ und deren Vater Eberhard Anheuser.
Es heißt zum Beispiel, der Vater von Adolphus habe 20, 21 oder 23 Kinder gezeugt. Adolphus und „Lilly“ werden 13 oder 15 Kinder angedichtet, aber es waren 14. Die Beiden hatten keinen Erstgeborenen namens Gustav, sondern eine Adoptivtochter namens Gustava. Der aus Kreuznach stammende und später in Helmstedt als Seifensiedermeister arbeitende Eberhard Anheuser soll angeblich 1843 oder 1844 in die USA ausgewandert sein. Wahrscheinlicher ist aber 1842 als Auswanderungsjahr, was Johannes Westerkamp, der Autor einer faktenreichen Magisterarbeit über Adolphus Busch erwähnt. Anheuser hatte nicht sechs Kinder, wie häufig behauptet wird, sondern mindestens acht. Wirrwarr herrscht auch über den Geburtsort von „Lilly“. In der Literatur und im Internet werden oft Kreuznach und Braunschweig erwähnt. Doch glaubhafter ist St. Louis am Mississippi. Märchenerzähler waren am Werk, wenn es um die Militärzeit von Adolphus Busch während des „Amerikanischen Bürgerkrieges“ (1861–1865) ging. Die Angaben über die Dienstzeit reichen bis 14 Monaten und sogar mehreren Jahren. Adolphus hat nie gegen Indianer und Pferdediebe gekämpft, wie manche Autoren behaupten. Während seiner Dienstzeit als Freiwilliger, die nur ein Vierteljahr dauerte, lebte er nicht in einer Kaserne, wie reguläre Soldaten der Nordstaaten, sondern wohnte zuhause bei seiner jungen Ehefrau. Der am 10. Oktober 1913 in seiner Sommerresidenz „Villa Lilly“ im Taunus gestorbene Adolphus ist noch im selben Monat glanzvoll in St. Louis bestattet worden und nicht erst 1915 während des „Ersten Weltkrieges“.
Angesichts der
großen Verdienste von Adolphus Busch als Unternehmer und Wohltäter ist es
erstaunlich, dass man lange Zeit in seinem Geburtsort Mainz-Kastel keine Straße
oder einen Platz nach ihm benannt hat. Dies sollte man schleunigst nachholen,
forderten 2019 die Autoren Ernst Probst und Doris Probst in ihrem Buch über Adolphus Busch. 2024 wurde dieser
Wunsch verwirklicht, als man beschloss, einen Weg nach Adolphus Busch und einen weiteren
nach seiner Ehefrau Lilly Anheuser zu bezeichnen. Vor mehr als 100 Jahren hätte man in
Kastel bereits einen Adolphus-Busch-Park haben können, für den Busch 100.000
Mark stiften wollte. Das 1902 auf Kosten von Adolphus und seines Bruder Ulrich
errichtete imposante Gewölbe über der Quelle des Ochsenbrunnens in der
Gemarkung Kastel existiert immer noch.